Evang.  Kirche  Zell im Wiesental
 

Wie die evangelische Kirchengemeinde Zell entstand.

1556 führte Markgraf Karl II. in seinen Ländern die Reformation nach lutherischer Lehre durch. Seine Entscheidung basierte auf dem berühmten Beschluß des Augsburger Reichstags von 1555: "Cuius regio, eius religio" (wem das Gebiet gehört, soll bestimmen, welche Konfession gilt). Schon sein Vater, Markgraf Ernst, war der lutherischen Lehre zugeneigt, scheute sich aber aus Rücksicht auf Österreich, das die obere Markgrafschaft (Müllheim, Badenweiler, Rötteln, Schopfheim) umschloß, sich offen dazu zu bekennen. Denn Österreich blieb "römisch" (=katholisch). Die Grenze zwischen den deutschen Ländern Baden und Österreich verlief bei uns zwischen Hausen (badisch) und Zell (österreichisch). So kam es, daß es in Zell bis zum Untergang des "Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation" - so hieß das deutsche Staatsgebilde bis 1806 - keine Evangelischen gab.

Das änderte sich, als 1806 Vorderösterreich und damit auch Zell badisch wurde. Eine weitere Veränderung brachte die fortschreitende Industriealisierung. 1833 trat ein evangelischer Webermeister seine Arbeit in der neugegründeten Fabrik an: er war der erste evangelische Zeller Bürger. 1850 waren es schon 62, acht Jahre später 263. Der 10. November 1883 war ein großer "evangelischer Tag" für Zell: anlässlich des 400. Geburtstages von Martin Luther fand im katholischen Zell eine große Lutherfeier statt, mit beeindruckendem Fackelzug am Abend. Der Fackelzug wurde von mehr als 150 Männern bestritten. "Wo sind sie geblieben?", fragen wir heutzutage angesichts der Tatsache, dass Männer totale Mangelware im Gemeindeleben geworden sind.

Damals war das anders. Der Wunsch nach einer eigenen Kirche wurde laut, musste man doch bisher entweder nach Hausen oder nach Gresgen zum Gottesdienst pilgern. 

Am 1. Oktober 1886 beschloss man in einer denkwürdigen Sitzung, den Wunsch der evangelischen Bewohner von Zell in die Tat umzusetzen. Das Protokoll ist unterschrieben von Herrmann Specht, Martin Schaulin, Nikolaus Ullmerich, Adolf Plüß und Gottfried Fessmann. Am 16. Dezember 1888 wurde die Zeller evangelische Kirche eingeweiht.

Seitdem besteht auch die selbständige "Evangelische Kirchengemeinde Zell" mit ihren Nebenorten. Das ganze Kirchengebiet umfasst 56 Quadratkilometer und reicht bis nach Ehrsberg, Pfaffenberg und Blauen hinauf. Insgesamt sind es rund 1.200 Gemeindeglieder. Möge der Glaubenseifer der früheren evangelischen Zeller doch neu erwachen und Junge und Alte, Frauen und Männer, Arme und Wohlhabende im Gottesdienst versammeln und im Bekenntnis vereinen.